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Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Do Feb 13, 2025 5:07 pm
von LTLB2
Hi,
ich hätte da mal 'ne Frage an die Praktiker. Ich hoffe, ich kann mich verständlich ausdrücken.
I.d.R. werden ja (Flankenschutz)weichen bei Einstellung einer Fahrstraße auf abweisend gestellt. Nun gibt es aber Fälle, wo es eigentlich egal ist wie die Weiche liegt, einen trifft es immer ;-)

Z.B. in Dresden Hbf aus A5: https://ibb.co/C5ZwMF7P
Die S-Bahnen auf DD18+DD19 fahren meist halbwegs gleichzeitig. Die Weiche 428 (?), dreht also laufend hin und her. Bedeutet ja auch höheren Verschleiß.

Noch krasser ist das wohl in Westkreuz mit den S-Bahnen in hoher Zugfolge: https://ibb.co/XZ57xJ9H. Da läuft die rot markierte Weiche aller paar Minuten um. Und im gezeigten Beispiel ist es doch eigentlich egal, welchem Zug ein aus Zo51 ausfahrender Zug in die Flanke fährt (Zo1S o. Zo2S)? Zumal ich zumindest bei Zo51 keine Gleisbelegung feststellen konnte.

Ist das tatsächlich so vorgeschrieben? So richtig erschließt sich mir das nicht *kopf kratz* Da dürften die Weiche nach kurzer Zeit verschlissen sein?

Besten Dank für Eure erhellenden Antworten. Mann lernt ja immer gerne dazu :-)
Frank

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Do Feb 13, 2025 6:53 pm
von Maerkertram
Man muss schon dafür sorgen, dass ein abgestellter Zug keine Gefahr für die fahrenden Züge darstellt. Möglich ist zum Beispiel eine Gleissperre, die einen ungewollt rollenden Zug aus dem Abstellgleis aufhalten oder entgleisen lassen würde. Bei so einer Gleissperre müsste die Flankenschutzweiche nicht mehr gestellt werden.

Auch außerhalb von Abstellgleisen kannst du jedoch solche Konstellationen bekommen. Da gibt's im Vorbild mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist, dass nur die zuletzt eingestellte Fahrstraße geschützt wird und das wird auch im Stellwerksim dargestellt. Übrigens ganz automatisch, d. h. es werden hier keine lokalen Besonderheiten zum Flankenschutz berücksichtigt.

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Do Feb 13, 2025 7:21 pm
von Shadow6601
In der Realität würde die Weiche beim einstellen einer Zweiten Zugfahrstraße wieder freigegeben, solange bis eine der beiden Zugfahrstraßen aufgelöst wurde. Dann würde die Weiche sich in die jeweils zur Fs wegzeigende Stellung begeben und wieder festgelegt werden

Bild
Hier würde die Weiche umgelegt sobald der Zug die Weiche 208 freigefahren hat

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Do Feb 13, 2025 7:34 pm
von Marius99
LTLB2 hat geschrieben: Do Feb 13, 2025 5:07 pm
Ist das tatsächlich so vorgeschrieben? So richtig erschließt sich mir das nicht *kopf kratz* Da dürften die Weiche nach kurzer Zeit verschlissen sein?
Das ist tatsächlich real. Ich glaube so eine Überregelung gibt es auch fast nur bei uns in Deutschland.

So eine Weiche hat auch einen eigenen Namen "Zwieschutzweiche". Grundsätzlich muss man jeder Fahrstraße Flankenschutz gewähren. Bei Zwieschutzweichen geht das eben nur für einen Fahrweg. Der jeweils andere Fahrweg bzw. beide Fahrwege müssen dann durch Lichtschutz (haltzeigendes Signal) vor Flankenfahrten gesichert werden. Löst die erste Fahrstraße dann wieder auf, läuft die Zwieschutzweiche in die abweisende Stellung. Die Perversion des ganzen ist die Eigenzwieschutzweiche, die in beiden Stellungen dem gleichen Fahrweg Flankenschutz gewähren muss. Auch da gibt es abhängig von der Technik Weichen, die bei Teilauflösung der zu schützenden Fahrstraße nachlaufend in die richtige Stellung laufen. :D

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Do Feb 13, 2025 7:46 pm
von Onlogist
Vielen Dank für die tolle Frage und die erklärenden Antworten. So habt ihr auch mein Dunkel um das Wissen in der Bahnwelt wieder etwas erhellt.

Beste Grüße
Onlogist

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: Fr Feb 14, 2025 4:53 pm
von LTLB2
Danke allen Antwortern :-)

Re: Fachfrage zum Weichenumlauf Fahrstraßenschutz

Verfasst: So Feb 16, 2025 11:09 pm
von fabigo
Es gibt in der Realität Fälle, in denen auch im "Zwieschutzfall" eine Lage der Zwieschutzweiche vorgeschrieben ist.
Gründe dafür können zum Beispiel sein, dass in der vorgeschriebenen Lage ein größerer Flankenschutzraum zwischen Zwieschutzweiche und Fahrweg entsteht oder wenn eine der Fahrstraßen "höherwertiger" ist zB aufgrund von höhrerer Geschwindigkeit.
Wenn eine Flankenschutzweiche durch Einstellung einer zweiten Fahrstraße zur Zwieschutzweiche wird, gibt es außerdem trotzdem Flankenschutz.
Das Stellwerk sperrt nun das nächste zurückliegende und geeignete Element technisch, damit dieses den Flankenschutz anstelle der Zwieschutzweiche übernimmt (=Fernschutz).

Im Beispiel von Shadow6601 wäre das dann das Sperrsignal links neben der Weiche, das fortan nicht mehr auf Sh1 gestellt werden kann (abgesehen davon, dass es für jeden Rangierstraße aufgrund von Fahrstraßenausschlüssen mit den Zugstraßen sowieso kein geeignetes Ziel gibt).

Anbei noch ein Trick aus der Praxis:

Man kann das Nachlaufen einer Zwieschutzweiche in der Realität verhindern, wenn man sie nach Fahrtstellung der Signale einzeln gegen Umstellen sperrt.
Hierdurch stellt sie sich selbstverständlich nicht um, lediglich ein blinkender Verschlussmelder wird den Bediener zur Umstellung auffordern.

Quellen: Wikipedia-Artikel "Zwieschutzweiche" sowie eigene Erfahrungen.